Hier kein Licht
Eine Geige erzählt
Flackernd glimmt die Kerze
Licht das Niemand sieht; Klang den Niemand hört.
Die Geige erzählt die Geschichte
Der Fluss ohne Ziel tritt nicht mehr über die Ufer
Kein Licht. Kein Laut. Kein Haus.
Der gestorbene Fluss fließt
Einer singt in der Dunkelheit
Ein Kontinuum aus kleinen Lieben dreht sich in ewigem Reigen
Die Musik tanzt leicht und heiter auf dem gestorbenen Fluss.
Der große Wald schweigt immerfort sein Zeugnis
Kein Regenbogen hier
Einer singt sein Halleluja
Text und Foto Ana Springfeldt. All rights reserved.
Blutrot versinkt die Sonne im Westen.
Wir sind gegenwärtig
In jedem Blatt, in jedem Zweig
Erzählen Wind und Wald die Geschichte
Wir reiten auf ungesattelten Pferden
Sie folgten uns mit klapperndem Sattel und Zaum
Sie folgten uns mit ihren falschen Göttern
Sie folgten uns mit Panzern und Flugzeugen
Mit brüllenden Waffen verfolgten sie uns
Wir reiten auf leichten Pferden
Wir kennen die Wege
Auf denen sie uns nicht folgen können
Blutrot versinkt die Sonne im Westen.
Ana Springfeldt 2015
Ist ein Schlüssel und keine Tür
Ist ein Lied das keine Stimme teilt
Wind der auf Kirschbaumblüten weint
Der zerbrochene Ziegel ahnt wofür.
Schlosst du ab die Tür ein letztes mal?
Hast du dich einmal noch umgedreht?
Oktober, früher Frostwind weht
Kein Morgen mehr, unser Herz ward zu Stahl.
Großmütterchen, wo ist Dein Herd?
Großväterchen, wo ist Dein Pferd?
Wir reiten und reiten
Spiel die Kantele, mit deiner Hand aus fahlem Mondlicht
Spiel unser Lied, wie einst
Wir reiten und reiten
Am Feldrand ein Baum
In seinem Schatten ein Stein
Wessen Hand hat die Steine gezählt?
Die Spuren des Pfluges sind lange verweht
Warum fällt mir das Lied nicht mehr ein?
Es ist ein Schlüssel und keine Tür
Es ist ein Eisen und kein Huf
Durch die Wipfel geistert verlassener Fohlen Ruf
Ach, was können die Fohlen dafür?
Großmütterchen, wo ist Dein Herd?
Großväterchen, wo ist Dein Pferd?
Wir reiten und reiten
Spiel auf die Kantele
Spiele mit mondlichtener Hand
Stamm der von der Erde verbannt
Wir reiten und reiten
Ana Springfeldt
Wie konnte dies geschehen?
Wie kann das möglich sein?
Die endlosen Kolonnen, auf Wegen in das Nichts.
Auf den Brücken der Verlorenen,
Deren Gebete Niemand hört,
Auf ihren verbrannten Alleen,
Die Heiligen Haine zerstört.
Wie konnte dies geschehen?
Wie kann das möglich sein?
Hörst du das Rütteln und Rascheln?
Das Donnern und fernes Schrein?
Noch liegen die Stürme in Ketten,
Lässt er die Winde nicht los,
Wir bringen ein die Ernte,
Mit Händen wund und bloß.
Der Winter ist früh gekommen,
Treibt uns wie Laub vorbei.
Die Ketten im Himmel sind zersprungen,
Die wilden Stürme frei.
Und wie wir auch gebetet, von der Hölle Grund,
Wir blieben doch verloren, in der Geschichte Schlund.
Du fragst, wie es geschehen, wie es möglich war?
Das Heilige Land in Trümmern,
Die Altare nicht mehr da.
Und wir, die es erlebten, sind blind von Tod und Wut,
Doch du wolltest es hören,
Bewahre dir Glut und Mut.
Meinem Großvater Paul Schlopsnies in tiefer Liebe und Verehrung
Ana Springfeldt 17.2.2016
Unser Gut in Sturmen, Kreis Pillkallen
Foto: Vera Schlopsnies ca. 1935
Paul Schlopsnies Foto: Vera Schlopsnies